Wir, Christine und Roland Losso, sind im Herbst 2010 von Thailand aus eingereist. In Bangkok haben wir uns das Visum bei der Botschaft selbst besorgt, was relativ einfach war.
Die einzige Schwierigkeit zeigte sich darin, rechtzeitig an die Reihe zu kommen, weil damals noch die Regelung galt, nur ca 100 Visas pro Woche auszustellen. Burma stand seit 1962 unter einer Militärherrschaft, bis diese am 4. Februar 2011 einen zivilen Präsidenten als Staatsoberhaupt einsetzte. Wir hatten unseren Stempel bald im Pass, gebucht hatten wir bei einer Agentur in der Koa San Road in Bangkok mit der Myanmar Airlines(ca 130 US Dollar pro Kopf) und nur einen Tag später landeten wir in der (ehemaligen) Hauptstadt Rangun. Da wir bereits einiges von Asien gesehen hatten und auch gewohnt waren, überraschten uns die desolaten Infrastrukturen, die mannshohen Löcher auf den Straßen und Gehsteigen nicht sonderlich, die Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen erfreute indes unser Herz.
Was uns allerdings einige Schwierigkeiten bereitete, war die Tatsache, dass es damals im ganzen Land tatsächlich noch keine Bankomatschalter gab, man hatte uns zwar vorgewarnt, doch einiges glaubt man erst, sobald man es sieht oder spürt. Es war praktisch für uns unmöglich an Bargeld zu kommen. So mussten wir einiges an Phantasie aufwenden, um dieses Problem zu umgehen. Wir lösten es schließlich mit Hilfe Einheimischer, indem wir im besten Hotel der Stadt eincheckten, wo man uns dann per Visacard zu Bargeld verhalf. Ein recht teurer Spaß, doch nachhaltig in lustiger Erinnerung.
Unsere Fahrt zum Golden Rock bei Kyaikto im Mon-Staat, ein Muss- für Burmabesucher, gestaltete sich sehr holprig und lang, das Taxi dorthin kostete ca 50 Us Dollar pro Kopf plus Übernachtung am Fuße des Monuments und Kloster und war ein einmaliges Erlebnis. Der Straßenverkehr hat sich in Burma zum wichtigsten Verkehrsträger entwickelt. Das Straßennetz ist ca 27.000 km lang (2005, allerdings waren damals nur etwa 3.200 km asphaltiert, doch die einheimische Bevölkerung ist sehr einfallsreich, auch dieses Hindernis zu überwinden.
Burma ist ein Vielvölkerstaat
Myanmar ist ein Vielvölkerstaat mit rund 54 Millionen Einwohnern, die 135 verschiedenen Ethnien angehören. Die größte Ethnie ist mit 70 Prozent Bevölkerungsanteil die der Birmanen (Bamar). Die Shan sind die zweitgrößte Volksgruppe (8,5 Prozent) und leben hauptsächlich im Shan-Staat des Landes, in Gebieten ab etwa 1000 Metern Höhe. 6,2 Prozent stellen die überwiegend christlichen Karen und 2,4 Prozent gehören zu den Mon. Die Padaung, deren Frauen berühmt sind für ihre goldenen Halsringe, gehören zur Sprachgruppe der Mon-Khmer und umfassen etwa 150.000 Personen. Hauptsächlich im Rakhaing-Staat leben etwa 730.000 Arakanesen. Ebenfalls im Rakhaing-Staat leben die Rohingya, denen der Status als Volksgruppe verwehrt wird und die von der Regierung als bengalische Muslime bezeichnet werden. Dann gibt es noch 1–2 Prozent Chinesen und ca 1 Prozent Inder. Burma grenzt im Norden und Osten an die Volksrepublik China, Laos und Thailand und im Süden an den Indischen Ozean. Im Westen an Bangladesh, im Süden liegt die letzte unberührte Inselgruppe, der Mergui Archipel vor der Malayischen Halbinsel, im Osten das Shan-Hochland mit Erhebungen von bis zu 2500 Meter.
In Burma wird vorwiegend der Buddhismus praktiziert. Einige der berühmtesten buddhistischen Kunstwerke im asiatischen Raum befinden sich hier. So etwa die goldene Pagode „Shwedagon“ in Rangun und der erwähnte Goldene Fels sowie der Mount Popa in Bagan mit seinen mehr als 2000 frei stehenden Tempeln, die zum Weltkulturerbe gehören. Uns haben zuallererst die Bevölkerung mit ihrer Natürlichkeit und Herzenswärme nachhaltig beeindruckt und dann ihre Kunstwerke. In Bagan konnten wir mit einer einheimischen Familie anfreunden, die uns zu sich nach Hause einlud und köstliches Essen auftischte. Es war ein unvergessliches Ereignis für alle, weil uns diese Familie auch über die wirklichen Zustände in ihrem Land aufklärte. Wir haben diese Menschen dann auch finanziell unterstützt.
Ein Ziel unserer Reise war auch der Inle-See mit seinen berühmten Einbeinfischern und den schwimmenden Gärten. Ein traumhaftes Erlebnis. Dort konnten wir einige Dörfer per Boot besuchen und uns auf den Märkten tummeln, wo Gebrauchsgegenstände für die einheimische Bevölkerung angeboten wurde. Wir waren die einzigen Touristen auf diesen Märkten und entsprechend exotisch fühlten wir uns auch.
Die angespannte politische Lage in Burma
Die politische Situation zeigte sich bei unserem Besuch 2010 noch ziemlich angespannt, die westliche Welt erinnerte sich mit Schrecken ganz besonders an den 26. September 2007, wo mehrere Tausend Mönche und Demonstranten während verschiedener friedlicher Protestaktionen getötet wurden. Wir erlebten in Burma eine sehr eigenartige Atmosphäre, die Menschen schienen eher eingeschüchtert, dennoch mit einem leisen Mut und durchaus geneigt, uns alles zu erzählen, was sie in den vergangen Jahren (auch an Gräueltaten) so erlebt hatten. Dennoch: Telefonieren mit dem Handy war selbst für uns nicht unmöglich, mailen ging auch nicht und die Facebookseiten waren gesperrt. Als es uns gelang, nach 10 Tagen endlich wieder unsere Kinder in Italien bzw. Wien zu erreichen, waren wir heilfroh und sie auch, denn in unserer westlich-zivilisierten Welt kann man sich gar nicht vorstellen, total vom Rest der Welt abgeschnitten zu sein. Damals befand sich die Freiheitskämpferin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi immer noch unter Hausarrest und der Regierungssitz schon lange nicht mehr in Rangun sondern in Naypyidaw rund 250 Km entfernt, wo sich die Politiker ihr eigenes westlich orientiertes und vom Rest der Bevölkerung abgeschottetes „Reich“ aufgebaut hatten. Und dort genoss diese Elite durchaus westlichen „Luxus“ wie fließendes Warmwasser, Strom und sämtliche Annehmlichkeiten der sogenannten zivilisierten Welt, während sich draußen vor den Toren der Stadt immer noch bitterste Armut zeigte. Wir fuhren des nachts mit einem Bus durch diese „Geisterstadt“ und konnten uns nur wundern. Eine bemerkenswerte Nachricht erreichte uns wenige Tage nach unserer Ausreise: Auf großen internationalen Druck entließ die Militärregierung Aung San Suu Kyi am 13. November 2010 aus ihrem insgesamt 15 Jahre währenden Hausarrest.
Danke für den tollen Bericht